„Mit so viel geballtem Knowhow hat man ganz klar einen Wettbewerbsvorteil“
Seit 1. März 2024 ist Clemens Freilinger Leiter des Bereichs Finanzen und neuer Geschäftsführer der ARW (Agentur für Rechnungswesen). Im Interview spricht er über den Start in der BHAG und in der ARW, wie er zum Finanzbereich kam und wie es in der ARW weitergeht.
Welchen ersten Eindruck haben Sie vom Unternehmen gewonnen?
Clemens Freilinger: Das Führungskräfteforum war der erste Termin, bei dem ich mehr vom Unternehmen kennen lernen konnte. Dort hat sich der Eindruck fortgesetzt, den ich auch in den ersten Gesprächen gewonnen habe – offen, modern und selbstbewusst.
Vor einigen Jahren war ich als Teil einer Wirtschafsprüfung in der BHAG. In meiner Erinnerung sehe ich lange Gänge ohne Licht, wurde in der Küche geraucht und ich hatte das Gefühl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben lieber in ihren Büros. Dieser Eindruck war offensichtlich vor einem internen Umbau. Als ich jetzt in der BHAG gestartet habe, habe ich das absolute Gegenteil erlebt. Jetzt sitzen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in offenen und hellen Büros.
Aus meiner meiner gewohnten Branche der Wirtschaftstreuhand bin ich es eher steifer gewohnt. Beim Steuerberater ist man froh, wenn man in einer Kanzlei ist, in der man nicht immer Krawatte tragen muss. Und auch der Umgang untereinander ist dort ein formellerer.
Für mich ist beides in Ordnung. Und trotzdem war es eine schöne Überraschung, weil ich so einen freundschaftlichen Umgang untereinander nicht erwartet hatte.
Und warum die Position der Geschäftsführung?
Mir geht es nicht um die Geschäftsführung. Ich sehe es als eine Herausforderung und als eine Möglichkeit für Veränderung, in einer Form, die ich bisher nicht für mich gesehen hätte.
Sie hatten Job-Stationen bei Deloitte, BDO und auch kleineren Kanzleien. Was nehmen Sie von dort mit und welche Unterschiede haben Sie bereits wahrgenommen?
Mitarbeiterzufriedenheit war in der Wirtschaftstreuhand die längst Zeit eher ein Fremdwort. Mit den Änderungen am Arbeitsmarkt, Stichwort „Arbeitnehmermarkt“, findet da schon ein Umdenken statt. Im Bewerbungsprozess wollte ich daher wissen, wie hoch die Fluktuation in der BHAG ist. Das ist unter anderem ein Indikator für Menschlichkeit im Unternehmen. Und da kam als selbstkritische Antwort „Die ist am Steigen“. Und der Wert war einstellig, also nichts im Vergleich zur Herausforderung, die die Privatwirtschaft hier oft hat. Natürlich ist es wichtig sich damit zu beschäftigen. Trotzdem hat er mir gezeigt, dass die BHAG auf einem ganz anderen Niveau ist.
In Wirklichkeit ist Steuerberatung eine Dienstleistung, man macht nicht nur Steuern und Wirtschaftsprüfung, man macht nicht nur Beratung, sondern man ist eigentlich ein hochbezahltes Dienstpersonal für alles. Es ist vollkommen egal, was der Klient benötigt, man versucht zu helfen.
Meine Wahrnehmung ist, dass die BHAG ähnlich ist. Auch hier geht es, vollkommen unabhängig von der konkreten Aufgabenstellung, um das Finden von Lösungen. Die Auftraggeber und die Fragen sind vielleicht andere; der Dienstleistungsgedanke allerdings nicht.
Was hat Sie noch überrascht?
Was ich so nicht erwartet hätte ist, dass auch das Thema Effizienz in der BHAG ein großes Thema ist. Egal ob Effizienzsteigerung oder Verrechenbarkeit – in Wirklichkeit ist es dasselbe.
Wie sind Sie überhaupt zum Finanzbereich gekommen?
Ich war immer gut darin (lacht). Ich hab an der WU studiert, da gabs fix nach Anmeldung und System vergebenen Spezialisierungen. Es hat sich also so ergeben, dass ich mich damals schon für Kostenrechnung, Steuerrecht und Arbeitsrecht interessiert habe.
Und ich bin sehr gerne Dienstleister. Es ist eine angenehme Selbstbestätigung, wenn man helfen kann.
Was ist für Sie das Schöne am Job?
Struktur und Ordnung in eine Unübersichtlichkeit zu bringen. Oft ist es in der Steuerberatung so, dass man Klienten in Bereichen Input geben kann, in denen sie selbst Betriebsblind sind – „weil es halt immer schon so war“. Ich sehe uns als eine im Hintergrund agierende helfende Hand, die nicht aufdringlich ist.
Über weite Strecken habe ich das Gefühl, dass Buchhaltung das höchst gelobte Sekretariat aller Zeiten ist. Weil es bedeutet viel nacharbeiten und viel in eine Ordnung bringen, was im hektischen Alltag liegen bleiben würde.
Was machen Sie, wenn Sie sich einmal nicht mit Zahlen beschäftigen?
Seit ich Vater geworden bin, habe ich keine klassische Freizeit mehr, das gibt es gar nicht mehr (lacht). Die Zeit, die vorhanden ist, ist für die Familie. Ich habe vor der Geburt aufgehört Tennis zu spielen und bin seitdem nicht mehr am Platz gestanden. Ich hoffe, dass sich das wieder ändern wird. Die Kleinen werden ja auch selbstständig(er), oder? (lacht)
Worauf legen Sie bei Kolleginnen und Kollegen besonders viel Wert?
Für mich ist ein respektvolles freundliches Miteinander sozusagen Voraussetzung. Mein Wunsch ist, dass man immer versucht – wenn es um die Arbeit geht – sachlich zu bleiben. Ich habe es in meinem bisherigen Arbeitsumfeld sehr genossen, dass man zwar unterschiedlicher Meinung sein kann, aber, wenn man diskutiert, es um die Sache geht.
Es gibt ja diesen Spruch „zwei Juristen, drei Meinungen“ und das ist nichts Schlechtes. Wenn es unterschiedliche Meinungen zu einem Thema gibt, kann uns das auch voran bringen.
Welche Eigenschaft würden Sie als Ihre beste betrachten?
Ich bin auch nicht übertrieben ernsthaft. Man kann mit mir gut über alles spreche – auch mit Humor!
Zurück zur BHAG und ARW: Wir feiern dieses Jahr gleich zwei Jubiläen: 20 Jahre BHAG und 10 Jahr ARW. Wo sehen Sie die ARW in 10 Jahren?
Die ARW hat es im Moment nicht so einfach. Es ist aber gut, dass es sie gibt! Denn es wäre absurd, wenn es die Dienstleister-Komponente für staatsnahe Strukturen nicht gäbe.
Ob Bund, Länder, Gemeinden oder ausgelagerte Rechtsträger. Hier in der BHAG gibt es so viel geballte Kompetenz, die wir zur Verfügung stellen können.
Wenn ich sehe, dass die ARW einspringt, weil in einer Gemeinde die Personalkapazitäten nicht (mehr)da sind – dann ist das unsere Aufgabe, weil irgendwer muss es ja machen. Und da kann man froh sein, wenn man jemanden hat, der das dann kompetent und professionell macht.
Natürlich geht es darum betriebswirtschaftlich erfolgreich zu sein. Die ARW ist aber eben AUCH eine Struktur die in „Notfällen“ auffangen und helfen kann! Wenn man so viel geballtes Knowhow hat, hat man ganz klar einen Wettbewerbsvorteil. Und insofern glaube ich, wenn wir vermitteln können, dass wir gerne Dienstleisterin sind und uns am Markt präsent zeigen, dann sind wir auf einem soliden Weg. Denn wer gerne „einspringt“ hat natürlich gelegentlich ein Thema mit zyklischem Bedarf.
Interview vom April 2024